Samstag, 1. Dezember 2012

Ressentiments ...

Wie ich ja schon schrieb, sitze ich derzeit an der Überarbeitung meines Romans "Die Wassermühle", der (hoffentlich) noch im Dezember in einer aktualisierten Fassung herauskommen soll. Bei einer Recherche im Netz fiel mir auf, dass der Erfolgsroman von Martina Gercke "Holunderküsschen" nirgends mehr erhältlich ist, nicht mal bei amazon im Kindle Shop. Das machte neugierig, und ich stieß auf die wohl schon seit einer Weile geführte Plagiatsdebatte. Entsprechende Textstellen sind ja im Netz eingestellt, und die klingen doch recht eindeutig. Ich vermag darüber letztlich kein Urteil zu fällen, und ich will es auch nicht. Was mich jedoch ziemlich erstaunt, ist die "Empörung der Gerechten", die nun den "Fall Gercke" nutzen, um ihre Vorurteile gegen (alle) Selfpublisher zu befeuern. Interessant zu lesen und sehr entlarvend. Statt am Manuskript weiterzuarbeiten, habe ich einen Kommentar zu einem Artikel im Literaturcafé geschrieben, den ich (in Auszügen) hier einstelle, weil er mein Selbstverständnis als Autorin & Verlegerin wiedergibt . (Ihr merkt schon: Seit gestern bin ich auf dem Netz-Schreib-Trip :) )
 
(...) Wenn jemand so offenkundig selbst Satzformulierungen übernimmt, dann kann das kein Zufall sein. Andererseits ist hier jemand auf einem unkonventionellen Weg zum Erfolg gekommen, das ruft natürlich auch Neider auf den Plan. Nein, ich lese "solche" Bücher grundsätzlich auch nicht (manchmal mache ich aus Neugier eine Ausnahme :)), aber es gibt viele Menschen, die solche Geschichten mögen, und sie haben jedes Recht dazu.

Was nur zu gern unterschlagen wird: Nicht nur Selfpublisher veröffentlichen so was, sondern auch jede Menge Verlage, und über die inhaltliche wie sprachliche Qualität lässt sich hier wie dort trefflich streiten. Jetzt aber so zu tun, als würde die Veröffentlichung über einen Verlag per se für sprachliche Qualität und "Originalität" bürgen, finde ich einfach nur daneben. Das Beispiel Hegemann wurde ja bereits andernorts genannt, und es war mitnichten so, dass dieses Buch dann - wie es jetzt bei amazon und mvg mit den Werken von Frau Gercke geschah - sofort vom Markt genommen wurde.
Nein, zur Moraldebatte taugt das Beispiel Gercke nicht! Und auch nicht, um Ressentiments gegen eine Entwicklung zu schüren, die viele in der Branche (aus welchen Gründen auch immer) nicht mögen.

Und was Interviews mit Autoren angeht, deren Bücher man überhaupt nicht gelesen hat - aber Hallo! Über einen meiner Romane hat man sogar einen Kurzfilm gedreht, ohne dass der Verantwortliche das Buch vorher auch nur ansatzweise gelesen hätte. Gefallen hat mir das nicht, denn irgendwo ist man ja auch Leser, der vernünftig informiert werden will. Über die Werbung war ich trotzdem froh, und die Pressestelle im Verlag natürlich auch.

Allerdings ging es in Wolfgang Tischers Interview (anders als damals bei mir) nicht um den Inhalt des Buches und damit eine Leseempfehlung, sondern um den ungewöhnlichen Werdegang und Erfolg einer Autorin. Ich habe das Interview mit Frau Gercke (...) im Literaturcafé mit großem Interesse gelesen und trotzdem nicht den Gedanken gehabt, dass ich dieses Buch jetzt unbedingt kaufen müsste.

Fazit: Wie immer und überall kommt es auf die Intention an. Und die sollte man - gerade bei den ganz besonders Empörten - doch ab und an mal kritisch hinterfragen.

Hier geht`s ...
 
- zu den genannten "Textstellen"  (aus: Buchmarkt, "Affären", 30.11. 2012)
- zum Interview mit Herrn Dresen (Justiziar bei Random House, Buchmarkt, 30.11.2012)
- zu einem sehr ausgewogenen und fairen Statement (ebooks-Autoren.de, 20.11.2012)

Freitag, 30. November 2012

Wer-kennt-wen für Bücher


Die Diskussionen über den Zukunftsweg (oder die Zukunftswege) in der "Bücherlandschaft" sind vielfältig und konträr. Ich verfolge das interessiert und gebe hier und da mal meinen Senf dazu. So entstand der folgende Beitrag als Leserbrief ... Aber er passt auch hier, glaube ich :)
 
Die Umbrüche in der Buch- und Verlagsbranche sind inzwischen für jeden sichtbar. Wir sind auf einem Weg, dessen Ende wir nicht kennen, und sicherlich wird nicht alles gut werden, was gut scheint.

Das größte Problem ist in der Tat, dass “Selfpublishing”, so wie es derzeit definiert und möglich ist, dazu führt, dass jeder ohne Probleme alles ins Netz jagen und als “Buch” definieren kann. Leider habe ich keine Lösung anzubieten, aber vielleicht sollte man – jenseits dieses “Dilemmas” – auch die Ursachen bedenken, die mit dazu beigetragen haben (und sicher auch in Zukunft dazu beitragen werden), dass Autoren den direkten Weg der Publikation suchen.

Verlage, vor allem die großen, haben Schubladen (und müssen sie vielleicht auch haben, darüber möchte ich nicht urteilen), die sie bedienen möchten. Autoren wollen Geschichten erzählen, die vielleicht in diese Schubladen nicht hineinpassen. Für manche Dinge kann man einen Kompromiss finden, für andere nicht. Und einige Dinge tangieren so sehr das Eigentliche des Erzählens, dass es eben keine Übereinstimmung gibt.

Ich rede hier, bitteschön, nicht von experimenteller Literatur, die ein Nischenpublikum bedient, sondern durchaus von “gehobener” Unterhaltung, die vielleicht “nur” nicht ganz in der Schiene läuft, wie man es verlagsseits gern hätte. Man kann dann einen Kompromiss schließen (manche Autoren leben damit wunderbar, und es ist auch nichts dagegen zu sagen), oder man entscheidet sich, künftig einen eigenen Weg zu gehen. So habe ich es gemacht.

Finanzielle Überlegungen waren nicht die primäre Grundlage für diese Entscheidung. Ich hatte einen sehr lukrativen Verlagsvertrag, um den mich sicherlich so mancher andere Autor beneidet hätte. Die Auflagen waren gut, man wollte mehr … Nur hat das alles nicht zu dem gepasst, was ich unter Schreiben verstehe.

Nein, ich wollte NICHT, dass der Verlag mir den Titel vorschreibt. Und ich wollte NICHT, dass ein Mensch, der das Buch überhaupt nicht kennt, über das Cover entscheidet, und es kurzerhand dann während der Lebensdauer des Buches ein gutes Dutzend mal wechselt, weil man meinte, irgendwelche Sonder-Sonderausgaben herausbringen zu müssen.

Also: Selfpublishing. Ich habe das schon zu meinen “Verlagszeiten” gemacht und nebenher via BoD veröffentlicht, aber ehrlicherweise muss ich sagen, dass BoD für mich inzwischen auch nicht mehr das Gelbe vom Ei ist, vor allem was die Umsetzung eines professionellen Layouts angeht. Auch wollte ich das nicht mehr als “Autor” machen, sondern via Verlag. Also habe ich einen eigenen Verlag gegründet. Ich mache keinen Hehl daraus, dass das ein Selbstverlag ist, und natürlich muss man genau schauen, WAS man selbst leisten kann und wo man sich professionelle Hilfe holt. Nichts anderes tue ich auch. Aber zu sagen, jemand, der schreibt, könnte per se nicht lektorieren oder layouten oder ein Cover gestalten, das finde ich schon … seltsam.
Vor allem vor dem Hintergrund meiner Verlagserfahrung. Ich hatte für drei Romane ein gutes Dutzend Lektoren, die wechselten schneller, als ich schreiben konnte, und es war wirlich alles dabei, von der gestressten und wenig fachlich überzeugenden Außenlektorin bis hin zu einer wunderbaren Lektorin, von der ich so viel gelernt habe, dass ich davon heute noch profitiere. Leider war es aber auch so, dass ich schon im Verlag bei einem Roman das Lektorat praktisch selbst gemacht habe, weil die entsprechende Außenlektorin leider, wie gesagt, nur sehr bescheidene Kenntnisse hatte. Das war eine der schlimmsten Erfahrungen überhaupt, vor allem, weil ich vorher so gute Erfahrungen gemacht hatte. Auch was das Layout angeht, bin ich immer wieder erstaunt, wie viele Verlage nicht einmal einfachste Gestaltungsregeln berücksichtigen, zum Beispiel die bekannten “Schusterjungs” ignorieren.

Ich plädiere dafür, das Ergebnis zu bewerten, nicht den Weg dorthin. Und damit sind wir beim größten Problem überhaupt: Wie so oft in diesen Diskussionen kommt die Gruppe, um die es eigentlich geht, so gut wie nicht vor: DER LESER.

In der Verlagsbranche dreht sich gern alles um sich selbst, der Leser wird selten als Mittelpunkt gesehen, und ich glaube, dass genau das der Punkt ist, warum amazon so viel Erfolg hat und andernorts sich die Probleme häufen. Wie können Geschichten und Leser zueinander finden? Und vor allem: Wo?

Ich würde mich freuen, wenn sich die Buchbranche (auch als Gegengewicht zu amazon) endlich darauf besinnen würde, Möglichkeiten zu schaffen, das Leserinteresse in den Mittelpunkt zu stellen. Leser suchen gute Geschichten, und den meisten ist es herzlich egal, ob diese in einem großen, einem kleinen oder ohne Verlag publiziert werden. Das Thema muss passen, und die Qualität sollte stimmen, wobei das auch wieder relativ zu sehen ist, denn Mainstream hat ja auch eine bestimmte Qualität, wenn man deren Lesepublikum befragt. Es müsste also eine Plattform sein, die zum einen sicherstellt, dass formelle Mindeststandards eingehalten werden, zum anderen aber auch die Möglichkeit gibt, dass Leser “ihre” Bücher finden. Wenn man dabei einen Kontrapunkt zu amazon setzen will, ist es nicht mit “Rechnen” getan, sondern es wird erfordern, dass sich reale Menschen zu Buchempfehlern machen, und zwar zu objektiven. Also das tun, was die viele engagierte Blogger tun und was gute Buchhändler tun: Ihre Kunden kennenlernen und ihnen passende Lektüreempfehlungen geben. Das heißt aber, dass die "Empfehlenden" unvoreingenommen sein müssen und offen für alle Wege.

Ein Wer-kennt-Wen für Bücher … Ein Portal, in dem LESER und GESCHICHTEN(schreiber) zueinanderfinden … Mein Zukunftstraum!

Herzliche Grüße
Nikola

PS:
Kleine "Wkws" gibt es ja schon jetzt ... Rastplätze für Bücher(Leute) & Leser:

Das Literaturcafè - Der Treffpunkt für Leseinteressierte im Netz!
Buchtipps + Filmtipps von Dieter Wunderlich
NEU: Arvelle - Online-Literaturmagazin - Außergewöhnliche Tipps, schön verpackt :)
SteglitzMind - Eine lesenswerte literatrische Begegnungstätte 
Was mit Büchern - Die bunte Welt der Bücher - ein engagiertes Projekt von Leander Wattig
eBookLeben - Für eBook-Liebhaber & Neugierige


 

Freitag, 2. November 2012

Die Startbahnmorde. Ein Gedenken.

Selten sind Gegebenheiten, die unmittelbar in die Vergangenheit führen, weil die Vergangenheit in Bildern, Worten und Begegnungen wiederaufersteht. Heute war so ein Tag: Unzählige Polizeibeamte trafen sich in der III. Bereitschaftspolizeiabteilung in Mühlheim, um in einem Gottesdienst der beiden Kollegen zu gedenken, die vor 25 Jahren an der Startbahn West am Frankfurter Flughafen erschossen wurden. Junge Beamte waren dort, die in der Ausbildung stehen und damals nicht einmal geboren waren, alte waren da, die längst pensioniert sind, und wir, die heute "Mittelalten", die damals jung waren, eingesetzt teilweise schon seit Jahren an dieser Startbahn, und die doch jenen einen Tag nicht vergessen können. "Der zweite November 1987 hat eine ganze Generation von Polizeibeamten geprägt", wurde gesagt, und so ist es. Wir erinnerten uns, wo wir waren, und wie es war. 
 
An den Gottesdienst schloss sich eine Kranzniederlegung am Ehrenmal an, danach eröffnete der Landespolizeipräsident eine kleine Ausstellung zum Thema. Zeit für Gespräche und Begegnungen. Es war ein würdevoller und angemessener Rahmen für dieses bis heute unfassbare Ereignis.
 
 

Nachtrag vom 11.11.2012
Link zur Sendung HR-Info/Kulturlust, in der ich ein Interview zum Thema gegeben habe. (Die "Startbahnmorde" werden v.a. am Anfang der Sendung und am Ende thematisiert, ab ca. Sendeminute 19):

http://www.hr-online.de/website/radio/hr-info/index.jsp?rubrik=60761&key=standard_podcasting_hr-info_kulturlust&mediakey=podcast/hr-info_kulturlust/hr-info_kulturlust_20121105&type=a
 

Die Startbahn. Eine Erzählung - Eine Erinnerung

Montag, 22. Oktober 2012

Die Startbahnmorde. Eine Erinnerung.


In meinen vorangegangenen Posts habe ich erwähnt, dass ich während der vergangenen Wochen "Korrektur gelesen habe". Heute ist das Buch erschienen, das zugleich mein persönlichstes geworden ist - und ein wesentlicher Grund dafür war, warum ich den Thoni Verlag gegründet habe: Ich wollte dieses Buch so schreiben und vor allem so gestalten, wie ich es der Sache für angemessen halte.  
 
Nach meiner Ausbildung zur Polizeibeamtin wurde ich im Herbst 1986 in die III. Bereitschaftspolizeiabteilung nach Mühlheim am Main versetzt. Vor allem Einsätze rund um den Frankfurter Flughafen gehörten damals zu meinem Berufsalltag, auch am 2. November 1987, als an der Startbahn West zwei meiner Kollegen erschossen und weitere durch Schüsse zum Teil schwer verletzt wurden. Die meisten kannte ich persönlich, hatte mit ihnen viele gemeinsame Einsätze gefahren.
 
 
Im Sommer 2006 fragte mich eine Lehrerin, ob ich für ein Medienprojekt des Hessischen Rundfunks, „Mein Jahrzehnt – Schüler führen selbst Regie“, als Interviewpartner zur Verfügung stünde. Die Schüler einer Video-AG drehten einen Film über die 1980er Jahre, und sie wollten mich zu den Demonstrationen an der Startbahn West am Frankfurter Flughafen befragen. Ich sagte gerne Ja, aber es war ein seltsames Gefühl, plötzlich zur Zeitzeugin zu werden. 

Ich war mir sicher, dass ich so gut wie nichts von jenen Ereignissen im Herbst 1987 vergessen hatte, aber meine Erinnerung trog. Als ich meine alten Tagebücher las, die ich seit so vielen Jahren nicht mehr angerührt hatte, war es wie eine Offenbarung: Ich reiste in ein Land, von dem ich zu lange fort war, um mich daheim zu fühlen, und in dem ich zu lange und zu intensiv gelebt hatte, um Distanz haben zu können. Die junge Polizistin, die in jenem Sommer beruflich und privat nach ihrem Weg suchte, war mir fremd geworden. Und doch so nah.

Meine Aufzeichnungen über die Ereignisse unmittelbar vor und nach den tödlichen Schüssen an der Startbahn habe ich auszugsweise für das erwähnte Schülerprojekt zur Verfügung gestellt. Aber das war nur ein Teil der Geschichte. Die Erinnerung verdrängt nur zu gern die leisen zwischen den lauten Tönen, Skurriles, Lächerliches, berührende und peinliche Momente, die doch dazugehören. Jene Tage waren mehr als nur eine dienstliche Zäsur. 

Die "Startbahnmorde" gingen in die Geschichte ein, denn zum ersten Mal seit Gründung der Bundesrepublik wurden Polizeibeamte bei einer Demonstration erschossen. 25 Jahre sind seitdem vergangen. Zeit, zurückzuschauen: "Die Startbahn" ist auch meine Geschichte - und die Erinnerung an eine Zeit, die alle, die dabei waren, fürs Leben geprägt hat.
 
Fotos und eine Lesesprobe sind auf der Seite des Thoni Verlags eingestellt. Dort könnt Ihr Eure Leseeindrücke auch kommentieren. Ich bin gespannt.
 
http://www.thoni-verlag.eu/belletristik-poesie/

Direktlink zu amazon:

Samstag, 13. Oktober 2012

Messesplitter

Weil ich wusste, dass ich mit meinem Thoni-Verlag noch eine ganze Menge Arbeit haben würde und auch an der Akademie derzeit eigentlich keine Luft für einen freien Tag ist, hatte ich die Buchmesse dieses Jahr nicht auf dem Plan - bis ich zu der Podiumsdiskussion zum Thema Self-Publishing beim Forum Zukunft/Börsenverein eingeladen wurde. Das war einfach ZU interessant. Dass das Thema inzwischen nicht mehr verschämt, sondern ganz öffentlich diskutiert wird, freut mich - und dass es viele gibt, die es interessiert, natürlich auch: Die Zuschauerplätze waren allesamt besetzt, und einige mussten sogar stehen. Moderiert hat die Runde Karin Hartmeyer vom Forum Zukunft; jeder der Diskutanten sollte anfangs ein Statement abgeben - meines schloss nach einer gerafften Zusammenfassung meiner "bunten" Autorenbiografie mit dem Satz: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Hat mich gefreut, dass das dann im Laufe der Diskussion mehrfach aufgegriffen wurde. Ganz besonders gefreut hat es mich auch, dass ich endlich Wolfgang Tischer vom Literaturcafé persönlich kennenlernen durfte - im Netz begegneten wir uns schon des Öfteren. Wer das Literaturcafé noch nicht kennt: unbedingt mal vorbeisurfen, eine tolle Seite!!
 
Überhaupt: Die persönlichen Begegnungen mit "Büchermenschen" gehören zu den schönsten Erlebnissen auf der Messe ... Im Anschluss an die Diskussion sprach ich mit zwei anderen Autoren, die - wie ich - gerade ihren eigenen Verlag gegründet haben, mit unterschiedlichen Intentionen und Konzepten, aber mit dem gleichen Optimismus wie ich: Schauen wir mal, wohin die vielen Wege führen.

Ich hatte ja noch nie Probleme, offen zu meinen "Selbstverlegten" zu stehen, aber langsam macht es richtiggehend Spaß! Ich glaube nur, und da komme ich auf mein Statement zurück, dass man - immer noch - viel Durchhaltevermögen, Geduld und Schmerzresistenz (*g*) braucht: Das wird nicht sofort funktionieren, und all den schönen Erfolgsstories der angeblich heute-noch-Aschenputtel-morgen-schon-Buchmillionär-Selfpublisher sollte man mit einem Augenzwinkern begegnen: Es spielen auch jede Woche Millionen Leute Lotto ... ;)
 
Sehr inspirierend war auch das Gespräch mit der Bloggerin Sibylle Basten, die spontan ein Interview mit mir führte - da habe ich natürlich gern mitgemacht! Und danach noch ein wunderbares Gespräch mit Nele Neuhaus: Ich habe mich sehr gefreut, dass sie trotz des Stresses (am 11.10. war Erstverkaufstag ihres neuen Romans) überhaupt Zeit dafür fand! Das Leben zieht manchmal seltsame (und schöne) Bahnen: Wir begegneten uns erstmals vor Jahren sozusagen vor der Drehtür zu Ullstein: Ich bin raus-, und sie ist reingegangen, und es freut mich zu erleben, was für einen Wahnsinnserfolg sie "drinnen" hat. Also auch noch mal von hier: Liebe Nele: ein dicker und herzlicher Glückwunsch zum "Bösen Wolf" - das ist ein wirklich schönes Buch geworden!
 
Tja, und dann ... wollte ich eigentlich, wie ich es immer tue, wenn ich auf der Messe bin, gemütlich durch meine Lieblingshalle 3 schlendern, Verlage & Bücher angucken. Aber was soll ich sagen? Ich landete wieder in Halle 4.0 ... Verlagsdienstleistungen. Auch in der Kalenderausstellung habe ich mich neugierig umgeschaut - ich merke langsam, dass mein Fokus doch mehr in Richtung des Verlegens geht. Ich bin gespannt, wann, wie und wo ich den Weg zum Print (zurück-)finde ... Einiges an Infomaterial habe ich schon mitgenommen. Aber jetzt geht es erst mal in die Endphase der "Startbahn" ...
 
Bis bald in der "Stube"
Nikola
 
Und hier passenden Links zum Text:
 
www.thoni-verlag.com

Sonntag, 7. Oktober 2012

Das ist ja unglaublich ...

Liebe Leute,
 
mit welcher Geschwindigkeit ein Buch veröffentlicht sein kann! Da hocke ich bis in die Nacht herum, bis ich die letzten Formatierungsmacken elimiert habe, lade Cover und Text bei amazon hoch - und als ich spätmorgens verschlafen in den PC gucke, ist das Ding schon online! Genauso schnell ging es mit der Aktualisierung meines Romans "Der Garten der alten Dame" - keine zwei Stunden nach dem Hochladen waren die neuen Infos online. (Nur das Cover ist noch das alte und die ISBN fehlt ...; da muss ich ggfs. noch mal intervenieren, wenn es bis morgen nicht zu sehen ist.) Amazon selbst nennt 48 Stunden bis zur Veröffentlichung, was ja auch sehr schnell ist, aber tatsächlich läuft das innerhalb weniger Stunden, so meine Erfahrung.
 
Ich konnte also tatsächlich mein Wochenendziel erreichen und die neue Verlagswebsite www.thoni-verlag.com mit den Downloadlinks ausstatten. Ich habe auch einen Link zu der Podiumsdiskussion auf der Buchmesse am Donnerstag eingestellt - vielleicht ist ja jemand von Euch zufällig auf dem Messegelände und hat Lust vorbeizukommen?

Nachdem ich nun alle meine Internetrastplätze auf den neuesten Stand gebracht habe, gehe ich mal wieder ein bisschen offline, denn es fehlt ja noch ein Buch ... "Die Startbahn" ist derzeit in der letzten Korrektur und wird dann, wenn alles läuft wie ich es plane, am kommenden Wochenende an den Start gehen.
 
Ich wünsche Euch allen einen guten Start in die Woche!
Nikola

Es ist vollbracht.

Uff. Soeben habe ich meine Internetaktivitäten verbunden ... und der Verlag ohne Bücher ist jetzt ein Verlag mit Büchern. Ihr habt keine Ahnung, wovon ich rede? Macht nichts. Dass ich einen Verlag gegründet habe, wisst Ihr ja schon ... Und jetzt verrate ich endlich, wie er heißt - und dass es ihn schon seit einem Jahr virtuell gibt :) Die Verlagswebsite ist fertig und wahlweise unter www.thoni-verlag.com oder www.thoni-verlag.de abrufbar; die Bücher selbst sind in der Mache und werden spätestens, so hoffe ich, bis zum kommenden Wochenende zum Download bereitstehen. Jetzt ist das Kind geboren, schauen wir mal, wie es sich entwickelt ... Das Thema Selfpublishing zieht jedenfalls Kreise ... Am 11. Oktober, 10.00 Uhr, nehme ich auf der Buchmesse an einer Podiumsdiskussion teil ... Ich berichte.
 
Und was den Verlag ohne Bücher angeht:
Vielleicht hilft die kleine Übersicht:


Nikola Hahn
Thoni - der Verlag ohne Bücher
Ein interaktives Schreibprojekt.

Die zentrale Intention für dieses Non-Profit-Projekt, das die Schriftstellerin Nikola Hahn insgesamt ein Jahr lang anonym sowie unter den Pseudonymen Der Verleger/Derry Verleger im Internet führte war es, die Umwälzungen in der Welt der „Büchermacher“ erzählerisch in ebenjenem Medium aufzuarbeiten, das für diese Veränderungen maßgeblich verantwortlich zeichnet.

7. September 2011 Nikola Hahn eröffnet unter den Pseudonymen „Der Verleger“ und „Derry Verleger“ auf blogspot, blog.de und facebook das interaktive Schreibprojekt „Thoni - der Verlag ohne Bücher“.

1. April 2012
Ende des erzählenden Teils von „Thoni - der Verlag ohne Bücher“.

1. August 2012
Offizielles Gründungsdatum des „realen“ Thoni Verlags. 

17. August 2012
Eintrag des Verlags beim Gewerbeamt.

30. September 2012

Abschluss des Projekts mit einer fiktiven Interviewreihe.

Oktober 2012
Der Thoni Verlag geht online und startet mit einem ersten Verlagsprogramm.
Übernahme der Facebook Accounts von Derry Verleger (www.facebook.com/derry.verleger) und der Facebook-Seite www.facebook.com/thoni-verlag. Außerdem zeichnet der Verlag für die aus dem Schreibprojekt stammenden Blogs www.thoni-verlag.blogspot.de und (inhaltsgleich) www.thoni-verlag.blog.de verantwortlich.

 

Montag, 24. September 2012

Ausgeliehen.


Die Buchbranche befindet sich in einem grundlegenden Wandel. Die Stimmungen reichen von Euphorie und der Ignoranz eines „Jetzt erst recht und weiter so!“ bis hin zu schierer Angst und der Befürchtung, durch die unausweichlichen Veränderungen hin zum „eBook“ mitsamt allen Werten, die so lange als wichtig und richtig gehegt, gepflegt und gelebt wurden, vom Zeitgeist weggespült zu werden. Es betrifft alle: Verlage und Lektoren, Buchhandlungen, Autoren – und natürlich vor allem auch die Leser. Wo der Weg hinführen wird, weiß derzeit niemand. Es gibt Prognosen, keine Antworten.

Nur eines ist gewiss: Alle diese Dinge betreffen Menschen. Die einen werden profitieren, andere werden verlieren, viele werden scheitern, persönlich oder ökonomisch die Konsequenzen ziehen. Es wird Freude geben, Wut, Trotz und Trauer, Verzweiflung, Resignation – und Hoffnung. Fantasie wird gefragt sein, Kreativität, Neugier, die Lust auf Neues. Und daraus wird wieder Freude werden über das, was entsteht. Vielleicht auch stille Genugtuung der „Gestrigen“ über das Alte, das mitgenommen werden kann, um von der Moderne schon bald gepriesen zu werden als gut und endlich richtig.
Es ist eine aufregende Zeit, die zu dokumentieren sich lohnt.

Donnerstag, 20. September 2012

Beschäftigt

Zwei wunderbare Wochen in Frankreichs sonnigem Süden liegen hinter mir, und seit der Rückkehr habe ich so viel zu tun, dass ich kaum dazu komme, mich mal wieder "online" zu melden. Wird aber nachgeholt, versprochen. Ich bastele nämlich gerade zeitgleich an der Verlagswebsite und der Endkorrektur meines neuen Buches ...

Also: Bis in Bälde oder so :)

Freitag, 31. August 2012

Virtuelle Räumlichkeiten

Als ich vor vielen, vielen Jahren mein erstes "richtiges" Buch in Händen hielt, die "Detektivin" nämlich, in der sehr schön gestalteten Hardcoverausgabe, da war ich stolz wie Bolle. Es ist der Zauber des Anfangs, wie Hesse ihn so schön formuliert hat. Ein prickelndes Gefühl, ein Unglauben, der sich mit einer herzhüpfenden Freude mischt. Natürlich haben wir damals darauf angestoßen, auf meinen "Erstling".
Nun habe ich wieder angestoßen: Mit einem leckeren Guinness, und zur Feier des Tages waren wir ausgesucht gut Essen. Was es zu feiern gab? Meinen Verlag! Zwar ging es nicht so einfach, wie ich dachte (es musste tatsächlich ein Änderungsantrag beim Gewerbeamt gestellt werden), aber dann hielt ich das Schriftstück in der Hand: VERLAG. Steht da. Einfach so. Und mit diesem Papier habe ich dann auch problemlos mein Päckchen ISBN-Nummern bekommen. So richtig offiziell und als Sicherung noch mal auf CD gebrannt. In der Begleitbroschüre steht, dass ich jetzt verantwortlich dafür bin, dass diese Nummern richtig vergeben werden ... Ich pass schon drauf auf, ihr lieben Leut' ...
Da ich das Ganze ja mit Hand und Fuß machen möchte, gab es natürlich einiges zu erledigen ... URL sichern, Verlagslogo entwerfen, die Cover meiner ersten Bücher anpassen (irgendwie muss das Verlagslogo ja aufs Cover, und es sollte natürlich auch was aussehen!), tja, und dann: Welche Werke sollen zuerst erscheinen?
 
Na klar, vornweg: "Der Garten der alten Dame"; ich habe das Cover und Innenblatt angepasst und werde dann die Datei neu hochladen. Als nächstes ... ?
Nein, ich verrate es noch nicht, aber wer von mir gern auch anderes liest als historischen Stoff, darf gespannt sein! Ich bin zur (ganz) kleinen Form zurückgekehrt und habe außerdem eine sehr persönliche Erinnerung literarisch aufgearbeitet. Jetzt geht es langsam daran, die virtuellen Verlagsräume einzurichten, denn ich starte mit einem reinen eBook-Programm, habe aber vor, mittelfristig auch wieder "aufs Papier" zu gehen. Da ich das aber mit einem Partner machen möchte, der eine Anbindung an der Buchhandel hat, wird das noch ein wenig dauern.
 
Vielleicht kommt der eine oder andere jetzt ins Grübeln ... VERLAGSLOGO? Das heißt ja, dass der Verlag schon irgendwie heißt? Tut er! Und ich verrate Euch noch mehr: Das Logo gibt`s schon länger, und der Verlag hat schon eine Geschichte im Netz, und wenn Ihr wüsstet, wie er heißt, würdet Ihr sogar "seine" Facebook-Fanseite finden ... jaja, die gibt`s auch schon. Sogar geliked isser schon, mein Verlag ;) ... Ziemlich viele "Schons" in einem Satz, aber was heißt das schon? Wie es sein kann, dass ein Verlag VOR seiner Gründung schon im Netz aktiv ist? Tja, das wiederum ist eine längere Geschichte, aber wen wundert`s: Die Verlegerin schreibt ja Romane :))
 
Ich bin gemein und lasse Euch jetzt mit den ganzen Rätseln allein, und während ich noch mal ein bisschen die südliche Sonne genieße, dürft Ihr Euch den Kopf über meinen komischen Verlag zerbrechen, bevor ich dann ab Ende September (so zumindest die Planung) ganz offziell mit den ersten Projekten an den Start gehen werde.
 
Habt eine schöne Zeit mit schönen Büchern!
Nikola

Sonntag, 19. August 2012

Apple ist schuld


Das eBook-Veröffentlichen via Kindle-Direktpublishing macht immer mehr Autoren neugierig, so auch mich. Die Resonanz der Leser ist zwiespältig: Selbst wenn man die Papier-Liebhaber ausklammert, ist das Bild nicht einheitlich: Es liegt schlichtweg am Format. Der Kindle ist mittlerweile sehr bekannt, nutzt aber  das .mobi-Format, das ein iPad nicht ohne  Weiteres versteht. Klar, man kann sich mit Apps behelfen oder mit entsprechenden Programmen konvertieren. Trotzdem: Es wäre doch interessant, auch direkt  für andere eBook-Shops zu publizieren, dachte ich mir … und stieß auf eine Plattform, die genau das ermöglicht: Xinxii. Automatisch geht das jedoch nicht, und für den iBook-Store braucht`s eine ISBN.
Na gut, dachte ich bei mir: Einen fertigen Roman habe ich, und eine ISBN ist schnell beschafft. Stimmt auch soweit, obwohl 85 Euro Gebühr für 13 Ziffern doch recht happig ist. Und dann war da diese Idee …. Warum nicht gleich ein Päckchen kaufen? Das ist günstiger und ermöglicht es, auch Folgewerke problemlos anzubieten. Die freundliche Dame der “ISBN-Vergabestelle“ machte mir insofern Mut, als sie mir am Telefon sagte, es genüge, eine Gewerbeanmeldung vorzulegen, um mehrere ISBN zu erwerben. Na, damit hatte ich kein Problem, denn seit dem Jahr 1995 bin ich Inhaberin der Einzelfirma „Kunst & Kommunikation“, über die ich meine Vermittlung für die International Penfriends, aber auch meine kleineren Projekte laufen lasse, die ich als Books on Demand herausbringe. „Herstellung und Verkauf von Literatur“, so der Firmenzweck, sollte da allenthalben genügen. Haste gedacht! VERLAG muss drinstehen. Am Freitagmorgen war es soweit: Ich nahm einen halben Tag frei, marschierte aufs Gewerbeamt, beantwortete einige freundliche Fragen und zahlte 30 Euro Gebühr. Dann hielt ich ihn in der Hand: die beglaubigte  Bescheinigung, dass ich jetzt Verlegerin bin. Weiteres folgt.  J

Samstag, 21. Juli 2012

Was mit den Gedanken tun

... fehlt da nicht ein Zeichen: Fragend? Ausrufend! - Oder gar die drei Pünktchen, mit denen ich den Post hier beginne? Ja! Das passende Zeichen gibt der Aussage den Gehalt, aber manchmal lässt man sie weg, weil der Leser selbst entscheiden soll. Denn es ist ein Unterschied, welches Zeichen man setzt, es ändert nicht nur in der geschriebenen, auch in der gesprochenen Sprache den Sinn eines Satzes. Die gesprochenen Zeichen sind Laute - Ironie entsteht so, Trauer, Empörung, Fröhlichkeit, die ansteckt, Griesgram, der aneckt. Im Netz bleibt nur das Zeichen - oder hilfsweise das Smiley - um zu sagen, wie das Gesagte gemeint ist, und bei all der Schnell-Leserei scheint auch das vielen zu entgehen oder sie verzichten darauf, beim Schreiben wie beim Lesen. Schade ist das, denn letztlich arbeiten wir ja mit Worten, wenn wir schreiben, aber auch, wenn wir sprechen - wir wollen etwas ausdrücken, und zwar so, dass das Gegenüber uns auch versteht.

Seit einiger Zeit ist viel die Rede von den "schlechten" Einflüssen des Internets, von "Cyber-Mobbing", von "Shitstorms". Digitale Empörung, die Übersetzung für Shitstorm hat was! Sie drückt nämlich aus, dass diese Empörung nicht real, sondern digital ist. Nur stehen dahinter reale Menschen, die aber offenbar mit dem Eintritt in die digitale Welt vergessen, dass sie auch online reale Menschen bleiben. Würden sie so mit ihrem Nachbarn reden? Mit ihrem Chef, wenn sie ihm persönlich im Büro gegenüberstünden? Mit dem Beamten auf dem "Amt"? Normalerweise stellt man in Textzusammenhängen solche Fragen rhetorisch, das heißt, ich erwarte jetzt vom Leser ein inneres "NEIN". Aber die Lektüre der Offline-Medien (sprich: die Zeitung beim gemütlichen Urlaubs-Frühstück) offenbart, dass der Umgang mit den Mitmenschen auch im realen Leben zunehmend leidet. Der Ton sei rauher geworden, in Ämtern, in Firmen, allüberall. Und was bietet man als Lösung an? "Wir versuchen zunehmend, den persönlichen Kontakt zu vermeiden."

Das stand da wirklich und wahrhaftig. Und dafür kann das Internet nun wirklich nix.

Ich wünsche Euch ein kreatives Wochenende - und die nötige Muße und Gelassenheit, über die richtigen Zeichen nachzudenken. Online, Offline. In Geschichten, in Posts, im wahren Leben.

Sonntag, 3. Juni 2012

Was mich inspirierte


"Wann immer Eli dieser Tage in den Garten kam, führte ihr erster Weg zur Terrasse, außer an einem Mittag im frühen Juni. Sprachlos stand sie da und staunte: All das Gestrüpp mit seinen Dornenranken, das grüne Gewirr, das die Bäume und Sträucher durchwuchs, den Pavillon bedeckte, die Mauer und die Pergola unter sich begrub und über die Terrasse bis aufs Dach des alten Hauses hinaufwucherte, all das Hässliche und Stachlige, über das sie so oft geschimpft hatte, weil es die Blumen erstickte, weil sie sich die Hände daran aufriss und die Kleider, wenn sie nicht aufpasste, das alles war über Nacht zu einem vieltausendblättrigen Blütenmeer aus zartem Rosé und sattem Rosa, aus kräftigem Rot und strahlendem Weiß, aus Crème- und Sonnenaufgangsgelb geworden. Als hätte ein Maler die Farben von Sonne und Mond, Feuer und Schnee zu immer neuen Nuancen auf seiner Palette gemischt und so satt auf grünen Grund getupft, bis sogar Elis Regenbogenbeet nur mehr ein Klecks darin war. Und als Firnis hatte er einen süßen Duft mit einem Hauch frischgeriebener Zitrone darüber gelegt. Selbst Nikodemus strahlte: Die Rosen blühten – der Sommer war da!"

aus: Nikola Hahn, der Garten der alten Dame


Eine der häufigsten Fragen, die Leser und Journalisten Schriftstellern stellen, ist die, woher man "die Idee" nehme. Für meinen Roman "Der Garten der alten Dame" lag diese Idee sozusagen direkt vor der Haustür. Hier der Beweis:

Der Garten ...


    

Dienstag, 29. Mai 2012

Worte zum Klingen bringen

Als ich vor vielen Jahren (Mitte der 1980er) einen Fernlehrgang im Schreiben belegte, buchte ich zusätzlich zum belletristischen und journalistischen Schreiben einen Lyrikkurs hinzu - damals gab es das noch, heute findet die "Kleine Form" dort keine Nische mehr. Für mich war es eine Dreingabe, denn eigentlich wollte ich vor allem das Romanschreiben lernen. In der Nachschau jedoch haben mich diese wenigen Monate, die ich "lyrisch verlängerte", eine wundervolle Erfahrung gelehrt: Wie bereichernd es sein kann, mit wenigen Worten Empfindungen Leben zu geben. Es gibt Stoffe, die tragen für Romane, andere lassen sich zu Geschichten formen, aber wenn es um das Eigentliche geht, um das, was Leben "tief drinnen" mit uns macht, wie wir darüber fantasieren, räsonieren, lamentieren, kommt die Poesie zum Zuge! Mit Worten spielen, sie konzentrieren, sich konzentrieren, feilen, überlegen, wägen, wiegen, wagen: sagen ... Es ist diese Freude, mit der Sprache zu spielen, die mich immer wieder zur Lyrik treibt, der brotlosen Kunst, von der man behauptet, dass mehr Menschen sie produzierten als läsen.
Die Freude am Tun kann das nicht nehmen, und so entstand im vergangenen Jahr ein kleiner Zyklus, GedankenBilder. Nicht nur für die Schublade, nein, aber so "klein" in der Öffentlichkeit, dass es sozusagen doch privat blieb. Und dann kam diese Post ... Spuren sind meine Worte. Eine Ausschreibung für einen Förderpreis in Lyrik - den Verleger kenne ich seit langen Jahren, bewundere sein Engagement für die Lyrik, die feinen, schönen Bücher seines kleinen Verlags, der nichts als Lyrik herausgibt. In der einen und anderen Anthologie war ich vertreten: Lyrik heute, Das Gedicht, Der Wald steht schwarz und schweiget. Lange ist das her.

Spuren sind meine Worte. Welch ein wunderbares Motto! Ja, ich habe mal wieder meine Gedichte ausgepackt ... eine Auswahl getroffen und eingesandt. Eine stille Freude.


Gedichte sind
Gedanken
Wörter-Welten
Träumen Wachen
Trauern Lachen
Leben
Auf den Punkt gebracht.

(aus: Baumgesicht, 2009)

Samstag, 19. Mai 2012

Hängengeblieben

Tja, so geht es manchmal: Unmassen von Material gesichtet, stapelweise Bücher durchgeackert, tausend Ideen, und man kriegt nix aufs Papier ... ähm, in den PC. Auch beim Romanschreiben kenne ich solche Phasen; nein, Schreibblockade möchte ich das nicht nennen, das wäre mir zu dramatisch. Es ist einfach eine schreibunkreative Phase. Was also tun? Den Garten genießen, Unkraut jäten, Haus mal wieder putzen, und das Gedankenkarussell einfach laufen lassen. Das Schöne ist, dass es mir von selbst sagt, wann es wieder bereit ist, neue Gäste aufzunehmen *g*.

Wenn ich meine "schreibunlustigen Zeiten" nachträglich hinterfrage (und ehrlich bin), so lag es meistens daran, dass das, was ich wollte, so nicht funktionieren konnte. Beim Roman stimmt dann oft etwas mit den Figuren nicht, sie stellen sich im wahrsten Sinne des Wortes quer. Manchmal wollen sie auch einfach eine Pause haben, und ein anderes Mal merke ich, dass mir für eine Beschreibung noch Details fehlen. Und jetzt also die Krux mit der Wahrheit. So ist das "hängengebliebene" Kapitel in meinem Manuskript überschrieben, aber SO hatte ich das nun nicht gemeint! Ich glaube, in diesem Fall ist mein Problem, dass ich nicht zu wenig, sondern viel zu viel gelesen habe. Schließlich kann es in einem Vernehmungsbuch nicht darum gehen, philosphische Betrachtungen über die "einzig wahre Wahrheit" anzustellen. Aber in die Tiefen philosophischer Betrachtungen über das Leben einzutauchen, ist unglaublich spannend! Ja, das hat auch was mit Wahrnehmung, mit Irrtum, mit Denken zu tun - aber das kommt ja alles noch in späteren Kapiteln. Ich weiß genau, WIE es in dem Buch stehen soll, aber nicht, WIE ich das hinbekomme, es so zu schreiben, dass es nicht zu viel und nicht zu wenig wird ... Aber auch das ist ähnlich wie beim Romanschreiben.
Als ich an "Die Farbe von Kristall" arbeitete, stapelten sich kopierte Zeitungsartikel auf dem Schreibtisch, und außerdem so viele Bücher, dass ich nur noch mit Hilfe von unzähligen Post-its einigermaßen den Überblick behalten konnte. So viele interessante Dinge fanden sich, und ich glaubte, das müsse unbedingt irgendwie in die Geschichte hinein... Hätte ich nicht irgendwann rigoros gesagt: NEIN, das interessiert den Leser nicht!, wäre der Roman wohl noch zweihundert Seiten länger geworden. Zum Glück habe ich kompromisslose Testleser, die mir meine "Auswüchse" um die Ohren hauen, wenn sie zu opulent geraten. In diesem Sinne: Die Wahrheit ruft!

Mit nächtlichen Grüßen
Nikola

PS: Wer gern mal ganz konkret und chronologisch wissen will, wie ein Roman entsteht, dem empfehle ich das Romantagebuch von Jutta Wilke: http://romantagebuch.blogspot.de/

Sonntag, 6. Mai 2012

Der Atem der Vergangenheit

Was macht es so spannend, in alten Büchern zu graben? Na gut, falsch formuliert: Was macht es so spannend für MICH, in alten Büchern zu graben? Es ist die Lust am Entdecken, die Neugier auf das, was gestern wahr war und heute vergessen ist - aber auch die Faszination, auf vergilbtem Papier und in alter Schrift das zu finden, was auch heute bewegt, zu erkennen: Die Welt hat sich gewandelt und ist doch gleichgeblieben.
Neben den gestern erwähnten lesetechnischen Ausflügen in die Welt der Neurowissenschaft, reise ich parallel in die Welt der 1920er Jahre und studiere "Lehrbriefe" über "Die Kunst richtig zu denken" in vier Teilen. So heißt das kleine Werk, das 1922 erschienen ist, aber tatsächlich auf Ausführungen zurückgeht, die noch einhundert Jahre älter sind. Der vollständige Titel lautet:

Die Kunst, richtig zu denken
Ein Lehrgang der Gymnastik des Geistes und eine Schule des Denkens in Unterrichtsbriefen für alle, die etwas erreichen wollen

von

 Prof. J. A. Bergk
neu bearbeitet und erweitert von
Reinhold Gerling und Hanns F. Frosch


9. bis 11. Tausend
Orania-Verlag G.m.b.H., Berlin (1922)


Auf vergilbtem Papier in Fraktur gedruckt (woran ich mich immer erst ein wenig gewöhnen muss, bis es beim Lesen "flutscht"), der Umschlag eine billige blaue Pappe, Band eins mit Klebeband zusammengehalten und der Titel sicherlich alles andere als marktgängig: Die vier Büchlein spiegeln die Zeit, in der sie entstanden, innen wie außen, die Anfänge der Weimarer Republik, Jahre der Not, aber auch den Aufbruch in neue Zeiten.
Warum lese ich das - zumal ich ja gerade KEINEN historischen Roman schreibe, sondern ein sehr gegenwärtiges Buch über Vernehmungstechniken? Ich könnte das seitenweise erklären, tue ich aber nicht, weil Ihr mir das sicher übel nehmen würdet, also kurz: Es ist erhellend! Es hilft, Neues einzusortieren, ein bisschen gelassener zu werden und abzuwägen, wenn es daran geht, zu entscheiden: Was ist wirklich neu - und mit welchen Dingen beschäftigen wir und nur neu?
Bevor ich wieder eintauche in den Gilb der Geschichte :)) ein kurzes Zitat aus ebenjenem Buch:

"Wir unterschätzen die Vergangenheit, weil wir die Gegenwart übeschätzen. Nur vergessen wir dabei, daß wir ganz und gar auf den Schultern der Alten stehen, und daß sie - von den technischen Erfolgen abgesehen - recht viel von den Dingen wußten, die wir für Gedankenprodukte unserer Zeit halten. Sie brachten sie allerdings anders zum Ausdruck. Ihre Sprache war weniger "wissenschaftlich", aber sie war dafür verständlicher als die Sprache, die man heute für gewöhnlich in wissenschaftlichen Büchern antrifft (...)."
(Erster Teil, S. 10)

Das hat was, oder? Ja, und dann gibt es noch diese wunderbaren Augenblicke, die Sammler alter Werke wohl das Entsetzen in die Augen trieben: Anmerkungen der Leser, mit Bleistift an den Seitenrand geschrieben, Unterstreichungen, Fragezeichen, oder, wie in diesem Buch: eine persönliche Botschaft aus der Vergangenheit ... eine eingelegte Visitenkarte eines Dr. med. Rudolf B. (den vollen Namen lasse ich weg, da es heute noch Ärzte dieses Namens gibt ...), dessen Stempel auch im Buch zu finden ist, was mir zeigt, dass dieser Dr. med. irgendwann das Buch besessen hat. Und auf der Rückseite seiner Visitenkarte (auf deren Vorderseite außer dem Namen und "Arzt" nichts steht) hat er in schwarzer Tinte handschriftlich vermerkt: Immer das Gute sehen!
Ein Gruß aus der Vergangenheit, der berührt.

Habt einen schönen Sonntag.
Nikola

Samstag, 5. Mai 2012

Über die Wahrheit

... gibt es viel zu sagen und doch keine Antwort! Aber wenn man sich mit dem Thema "Wahrheitsfindung" schreibend beschäftigt, gehört es dazu, dass ich mich auf die Suche mache,  unterschiedliche Literatur lese und darüber nachdenke, wie sich das alles in das Buch einpasst, an dem ich gerade arbeite. Seit einiger Zeit dominieren in den Medien Themen mit der Vorsilbe "Neuro", und auf den ersten Blick könnte man meinen, da sei etwas völlig Revolutionäres auf dem Weg, das endlich erkläre, wie die Welt und insbesondere der Mensch ticke. Aber wie das so ist mit dem "ersten Blick": der zweite offenbart oft anderes und entlarvt den ersten als Konstrukt, eine Erstannahme ohne ausreichendes Prüfmaterial.
Heute Morgen kam (mal wieder ;) ) ein Bücherpäckchen an, durch das ich mich gerade querlese, mit dabei: Gedankenlesen und Die Neurogesellschaft. Natürlich habe ich mir auch einiges an Stoff zum Thema aus dem Netz "gefischt", aber schon die erste Durchsicht der Bücher zeigt den Wert gedruckter Information: umfassend, strukturiert, mit ordentlichen Quellenangaben versehen - das macht Freude zu lesen. Und dann lande ich über die Quellen doch wieder im Netz ... und entdecke eine Online-Zeitschrift, in die ich sicherlich demnächst öfter reinschauen werde: www.telepolis.de .

Und jetzt muss ich (nein: will ich!) weiterstudieren und überlegen, wie ich die geschätzten tausend Seiten Stoff, durch die ich mich seit der vergangenen Woche geackert habe, auf schätzungsweise zehn Seiten in meinem Manuskript runterbreche :))
Bis demnächst in der Stube
Nikola

Hier die genannten Bücher (beide von Stephan Schleim):





Sonntag, 15. April 2012

Wann erscheint der Roman, oder: Das interessiert die Leser nicht!


Liebe Leser!
Am Ende dieser zugegebnermaßen etwas opulenten Ausführung wird ein vorläufiger Abschied stehen ... aber voran steht erst einmal diese eine Frage, die zu beantworten ich versprach, nachdem ich quasi als Begleitmusik zum vierten Roman meine Schreibstube geöffnet hatte:

Wann gibt es endlich den neuen Roman? Mit Betonung auf DEN.

Den dritten, nicht den zweiten, nicht den vierten, denn der zweite erzählte von der alten Mühle im Odenwald, und der vierte, verflixt noch mal, von einem verzauberten Garten, und wieder nicht von Morden im alten Frankfurt!

Es ist viele Jahre her, um genau zu sein, fünfzehn (Gott, da erschrickt man ja selbst!), als ich vom Schreiben "kleiner Geschichten" auf das Schreiben "großer Geschichten" umstieg: Ich verfasste zwar nicht meinen ersten Roman, aber den ersten, für den ich einen Verlagsvertrag erhielt. Über die Themenfindung, das WIE und das WARUM dieser Geschichte haben mich zahlreiche Journalisten eingehend ausgequetscht, und ja, auch Ihr, liebe Leser, habt mir auf den weit über hundert Veranstaltungen, die mich über Jahre kreuz und quer durchs Land führten, zahlreiche Fragen gestellt. Dazu ist also genug gesagt und die "Buch- und Biografieseite" auf meiner Website gibt dem Neugierigen, so er denn immer noch danach sucht, die nötigen Antworten.

Mein Debütroman "Die Detektivin" war und ist ein Erfolg; nicht von Anfang an, ich musste sehr, sehr viel selbst dazutun, aber dann lief es richtig gut. Ich glaube, das darf man sagen, wenn ein Roman als Hard- und Softcover, in mehreren Sonderausgaben und in so vielen (Wieder-)Auflagen und Neuausgaben innerhalb diverser Verlagskonstellationen erschienen ist, dass selbst die Autorin irgendwann mit dem Zählen durcheinanderkam: Marion von Schröder, Heyne, Ullstein-Econ-List, noch mal Heyne, wieder Ullstein (die letzte Neuausgabe vom Januar 2011 mit - wieder mal - einem neuen Titelbild). Die genaue Auflagenhöhe meines Erstlings ist mir zwar nicht bekannt, aber von den mehr als 350 000 Exemplaren der Gesamtauflage macht "Die Detektivin" den "dicksten" Brocken aus, gefolgt von "Die Farbe von Kristall". Warum also, so die nächste Frage, schreibt diese seltsame Autorin nicht einfach weiter? Liefert alle zwei Jahre (oder noch besser: jedes Jahr!) eine Fortsetzung und macht ihre Leser glücklich?

Ganz einfach: Fortsetzungsgeschichten schreiben wollte ich nie. Und "Die Farbe von Kristall" entstand nur, weil mich die Stadtgeschichte von Frankfurt und die historische Kriminalistik, die eng mit dem Entstehen des Kriminalromans verbunden ist, so faszinierten, dass ich unbedingt wissen wollte, wie es weiterging. Weil mich diese bis dahin eher fremde Stadt neugierig machte, weil mir die Menschen, die historisch realen, aber auch die fiktiven, die ich selbst hineingesetzt hatte, über die Jahre ans Herz gewachsen waren. Ich drehte das Rad der Geschichte weiter, bis es für mich als Erzählerin wieder eine Herausforderung war und ließ meine Protagonisten in einer neuen Zeit weiterleben, -lachen, -leiden, ja, auch: sterben (was mir einige böse Briefe einbrachte). Wieder gelang es mir, meine Leser zu finden, und bis heute wird auch "Kristall" neu aufgelegt. Zehn Jahre nach dem Erscheinen der ersten Hardcoverausgabe bekomme ich regelmäßig über diverse Kanäle, die ich im WWW befahre, Leserpost, zumeist verbunden mit der obligatorischen Frage, die ich gerade zu erklären suche. Ja,  das freut mich, und es macht mich ein bisschen stolz angesichts der seit Jahren zu beobachtenden immer kürzeren Halbwertszeit von (neuen) Büchern, der meine Werke beharrlich trotz(t)en.

Schon zwischen dem ersten und dem zweiten historischen Roman hatte ich mir eine Pause und einen belletristischen Szenenwechsel verordnet - "Die Wassermühle" musste einfach sein. Wie schön, dass mir meine Leser auch in dieses Genre zahlreich folgten, immerhin bis heute weit mehr als vierzigtausend. Für ein Buch, das nur "nebenbei" veröffentlicht und für das keinerlei Werbung gemacht wurde, ein durchaus wohltuender Erfolg, der mir das anschließende Abtauchen in die Historie umsomehr erleichterte, da er mir die Gewissheit gab: Du kannst und darfst auch anderes erzählen.

Nachdem "Die Farbe von Kristall" veröffentlicht war, reichte eine "kleine Pause" nicht mehr. Dem mehrjährigen Schreibprozess schlossen sich eine zeitintensive "Öffentlichkeitsarbeit" und zahlreiche Lesungen an, und es  kamen Ereignisse hinzu, die auf die eine oder andere Art jeder im Leben erfährt: Krankheit und Tod, Hausumbau, eine berufliche Neuorientierung, die hohes Engagement und viel Zeit erforderte, und schließlich, kurz bevor das neue Romanprojekt "Hand und Fuß" bekommen sollte, die Erfahrung, dass  Leben und Gesundheit Geschenke sind, mit denen man achtsam umgehen sollte. Es folgte die Erkenntnis, dass das, was viele gut finden, nicht notwendigerweise allen guttun muss. Dass Dinge die für andere im hellsten Licht strahlen, für einen selbst keinen Glanz (mehr) haben. Und dass ich diese Dinge ändern sollte, musste. Egal, ob die anderen das für vernünftig oder angebracht halten würden. 

So sehr ich mit Leib und Seele Schriftstellerin bin, so sehr bin ich mit Leib und Seele Kriminalbeamtin. Die Kriminalbeamtin wird vom Steuerzahler finanziert, und ich weiß nicht nur zu schätzen, wie frei eine unkündbare Stellung macht, sondern ich versuche, dieses Privileg durch meine Arbeitsleistung zu honorieren. So lange ich meinen ersten Beruf habe, so lange wird er deshalb stets an erster Stelle stehen. Und doch kommt gleich danach der zweite; das Schreiben ist für mich schon seit vielen Jahren nicht nur Passion, sondern Profession, was sich nicht nur an der Steuererklärung bemisst, sondern auch an dem Anspruch, den ich an mein Handwerk stelle. Eine angemssene Bezahlung gehört auch hier dazu, aber ich habe die Freiheit, nein zu sagen, weil ich nicht davon leben muss.  

Die Zeit für meinen Zweitberuf war immer eng bemessen, ich habe meine Bücher neben unzähligen Überstunden, nach Vernehmungen und Durchsuchungen, nach Tagen intensiven Aktenstudiums, nach dem Abschluss und sogar in den wenigen Stunden Freizeit während diverser Mordermittlungen geschrieben; ich recherchierte, redigierte und korrigierte im Urlaub, am Wochenende, in jenen Stunden, wenn andere müde werden, wenn der Tag in die Nacht versinkt, wenn jene wundersame Ruhe einkehrt, die die Dinge verwischt und die Gedanken umso klarer werden lässt.
Nach "Kristall" brauchte ich in diesem Beruf eine Pause, die länger wurde als alle Pausen, die ich mir zuvor gegönnt hatte. Wenn man fast zwei Jahre in einer Quasi-Ruine lebt, weil man die eine Hälfte des Hauses einreißt und in der anderen irgendwie den Alltag bestreiten muss, wenn man einen Menschen, der einem sehr nahesteht, auf seinem letzten Weg begleitet, fehlt neben der nötigen Zeit vor allem auch der Sinn fürs Schöngeistige. Die berufliche Umorientierung, der Sprung vom Ermitteln zum Lehren, das Abenteuer, das, was man selbst über so viele Jahre erlebt hat, nun an andere weitergeben zu dürfen, und das Glück und die Freiheit zu haben, es so zu tun, wie man es sachlich für geboten hält, auch das forderte, kostete und kostet Zeit. Zeit, die zum Schreiben fehlt.

Trotz alledem entstanden Ideen für neue Projekte; ich editierte die Wiederauflage meines tatsächlichen Debüts, der Kurzgeschichtenband "Baumgesicht" (2003), nach dem Leser bei Veranstaltungen wiederholt fragten; es folgten ein Buch übers Schreiben (2007), eine Märchensammlung als Erinnerung zum Todestag meiner Mutter (2009), schließlich die lange und intensive Arbeit am vierten Roman "Der Garten der alten Dame", die im März dieses Jahres den Abschluss fand; daneben viel Fachliches im Erstberuf, Seminarstoffe, Skripte, Texte, die mich am Schreiben hielten, aber auf einer anderen Baustelle, auf der ich noch immer und für die kommende Zeit weiterhin primär arbeiten werde: Auch das ist beglückendes Schreiben, weil es meine beiden Berufe zusammenführt. Nein, die Zeit zum Schreiben hat mir - zumindest während der vergangenen drei Jahre - nicht wirklich gefehlt.

Es schließt sich die Frage an: Warum dies alles und nicht das eine, auf das die Leser so sehr warten? Hat die Autorin keine Lust mehr auf Historie? Warum vertröstet sie ihre Leser Jahr um Jahr, vergrätzt sie womöglich, weil sie es irgendwann einfach leid sind: dieses endlose Warten auf neue Abenteuer aus dem alten Frankfurt? Sind der Autorin ihre Leser womöglich egal?
Nein, Ihr Lieben, das seid Ihr nicht! Und wenn ich während der Jahre seit Erscheinen von "Kristall" etwas aufrichtig bedauerte, dann das: Dass ich mit meinem (Nicht-)Schreiben viele meiner Leser enttäusche ... Denn beglückender noch als das Erzählen selbst ist es, wenn das Kunststück gelingt,  Euch, die Leser, nicht nur zu finden, sondern zu fesseln, Euch mitzunehmen in die Welt, die ich erschaffen habe, zu begeistern für das, was mich am und beim Schreiben von jeher fasziniert: die Reise anzutreten in das Land der Fantasie.

Es ist die Frage nach der Standortbestimmung, die mich umtreibt und die lange Suche nach einer Antwort: Was will ich, was kann ich schreiben? Wo will ich hin? Welche Freiheiten möchte ich haben? Wie setze ich die richtigen Prioritäten? Welche Kompromisse sollte ich, welche könnte ich, welche möchte ich auf keinen Fall eingehen? Welche Konsequenzen wird das haben und wie gehe ich damit um?
Schon während der Arbeit an "Kristall", noch viel mehr aber danach, sozusagen als Folge des Erfolgs, stellten sich diese Fragen, und meine Antwort, für die ich eine Zeitlang brauchte, sie mir auch nach außen einzugestehen, fiel eindeutig aus: Egal, wie es weitergeht, SO jedenfalls nicht. Nein, es gibt keine "Schuldigen" in diesem Falle, sondern ganz profan bloß andere Prioritäten.

Neben allem anderen brauche ich beim Schreiben das Gefühl, autark zu sein, frei im wahrsten Sinne des Wortes. Ich mag nicht daran erinnert werden, dass meine Geschichte in ein "Genre" einsortiert werden muss, dass andere über das Kleid entscheiden werden, das sie zu tragen hat. Auch über die Tür zum Haus mag ich nicht diskutieren, nicht über die Zahl der Fenster und wohin das Sofa gestellt wird. Stopp: Doch! Ich mag sogar gern darüber diskutieren, wenn der Diskurs sachlich begründet ist, wenn er der Geschichte guttut - darin liegt für mich der Unterschied zwischen Buch und Tagebuch, dem privaten und dem (ver-)öffentlich(t)en Schreiben. Eine professionelle Geschichte muss für Leser erzählt werden, aber eben nicht um jeden und schon gar nicht für jeden Preis.

Zugegeben: So zu denken ist ökonomisch überaus dumm, und es passt nicht in eine Zeit, der ja genau das abhanden gekommen ist: Zeit. Geduld, innere Ruhe,  Hingabe. Man wird belächelt dafür - es lohne sich nicht, es rechne sich nicht, es stehe nicht im Verhältnis, zu was auch immer. Das stimmt sogar, wenn man es vernünftig betrachtet und objektiv analysiert. Und es gibt ja durchaus genügend Beispiele, die belegen, dass das alles wunderbar zusammengebracht werden kann: Autoren, die Schreibfreude, Lesevergnügen und Ökonomie unter einen Hut zu zaubern vermögen, und Leser, die ihnen zahlreich und zufrieden folgen. Für mich entfaltet sich der Zauber, indem ich mir die nötige Zeit nicht länger stehle, wie ich es viele Jahre getan habe, sondern indem ich sie mir lasse. Zeit zum SO-Schreiben, zum DAS-JETZT-Schreiben, zum DAS JETZT NICHT.

Für Leser sind Schriftsteller wie ich eine Zumutung. Für die diversen Beteiligten in der Buchverwertungskette allerdings auch: für Verlage, die planen wollen; für Lektoren, die Content-Vorstellungen haben; für Vertreter und Marketingleute, die  Schubladen und smarte Coverkreationen lieben, für Buchhändler, die Bücher auf geordnete Stapel legen wollen, damit sie die Leser auch schnell finden. Damit muss und kann ich leben - man schließt Verträge oder man lässt es und akzeptiert das Ergebnis, auch wenn man dafür hinter vorgehaltener Hand, sagen wir mal freundlich: als weltfremd bis meschugge gilt. Schließlich haben sie ja alle recht. Aus ihrer Sicht.

Auch Ihr, liebe Leser, habt recht:  Diese Warterei, die endlose, und diese Autorin, die das ihren Lesern zumutet; unmöglich ist das, Schreib-Harakiri sozusagen, bei dem sich die Seele nicht zu wundern braucht, warum das Interesse für die verblichene Hülle bei aller Liebe irgendwann aufgezehrt ist.
Nein! Euch als Leser braucht nicht zu kümmern, ob Autoren am Fließband schreiben oder Wortpedanten sind. Leser sind weder schuld daran noch verantwortlich dafür, wie sich Schriftsteller fühlen, was sie denken, was sie umtreibt, antreibt. Leser interessiert einzig und allein die Geschichte, die sie erzählen. Und wenn diese Geschichte gefällt, wenn der Leser sie gern liest, und der Autor sie gern geschrieben hat, wenn beide zufrieden sind, der eine mit der Arbeit, der andere mit dem Genuss, dann ist die Bücherwelt in Ordnung. Dann stören keine Marketingleute, keine Verlagsvorgaben, auch keine Nörgler, die meinen, auf Bestsellerlisten stehe ohnehin nur Schrott. Nicht mal die Kollegen, deren vordergründig wohlmeinende Kritik oder überschwengliches Lob doch nur den Neid auf den Erfolg versteckt, den sie selbst nicht haben, vermögen wirklich zu irritieren. Weil die Freude am Schreiben ihren Widerhall in der Freude der Leser findet. Weil der Preis für beide stimmt.

Wenn der Schreiber aber zweifelt, wenn er innerlich spürt, dass er einen anderen Weg gehen muss, dann mag das Band zum Leser noch eine Weile halten, aber irgendwann wird die Kraft, die Lust, verloren gehen, Geschichten mit Leidenschaft zu erzählen. Womöglich schreibt der Autor weiter, weil er nicht das Glück hat, einen Zweitberuf zu haben. Weil es sein Vertrag verlangt. Weil die Auflage so gut ist. Weil das Thema gerade gefragt ist. Weil der Verlag das Manuskript gern so hätte, und die Buchhändler das Buch auf den richtigen Stapel legen wollen. Weil die Leser womöglich diesen Roman unbedingt lesen wollen. Aus allen diesen Gründen können Autoren schreiben, und sie werden glücklich bleiben, solange die vielen Weils nicht dem einzigen untergeordnet werden, das letztlich zählt: Weil es sie drängt, eine gute Geschichte zu erzählen.   

Damit ist es die rechte Zeit, zu gehen* ... aus der virtuellen Stube zurück in die reale. Zeit, das Öffentliche wieder mal für eine Weile zu verlassen und im Privaten weiterzumachen. Mit der einen Sache, die zu Ende gebracht werden muss. Und mit der anderen: Jene Geschichte, die schon so lange darauf wartet, endlich erzählt zu werden.
Wann?
Wann immer die rechte Zeit dafür ist.
Ich melde mich.

Herzlichst
Nikola


PS: Eine wahre Fundgrube für interessante, gute, lesenswerte Bücher findet Ihr übrigens unter dem folgenden Link. Die Website betreibt der Autor Dieter Wunderlich, der selbst mehrere tolle Bücher geschrieben hat und gerade an einem neuen arbeitet:


___
*aus: N. Hahn, Der Garten der alten Dame


Donnerstag, 12. April 2012

Alte Geschichten, neue Geschichten ... und eine Reise zu Tutanchamun

Schon seit einiger Zeit stand das alte Ägypten auf meiner "To-do-Liste", und gestern war es endlich so weit: Wir haben die Ausstellung "Tutanchamun - Sein Grab und die Schätze" besucht, die noch bis zum Juni in Frankfurt gastiert. Natürlich hatten wir eine Erwartung, und die Website ließ ja auch schon einen Eindruck dessen zu, was wir zu sehen bekommen würden.

Als erstes sahen wir dann eine Schlange am Kassenschalter ... hm. Jeder Besucher bekam ein Audiogerät zur Erklärung der Exponate. Mag ich eigentlich nicht besonders, weil ich lieber (selber) lese. Tja, und dann ging es in einen Raum mit ersten Exponaten - und nicht weiter. Es gab eine Schleuse zu einem Filmvorführraum, in den immer nur achtzig Leute hineingelassen wurden. Aber das Warten war nicht schlimm, denn schon im Vorraum konnte man erste Eindrücke über das alte Ägypten sammeln, und ich lernte den Vorteil des Geräts kennen: entspannt zuhören und betrachten, egal, wie viele Leute im Weg stehen :)

Und dann war es soweit ... Wir begaben uns auf die Reise. Ich nehme das Fazit vorweg: Eindrucksvoll wäre zu wenig gesagt. Es war einmalig! Wir bekamen keine Ausstellung zu sehen, wie man sie üblicherweise erwartet, sondern es wurde eine Geschichte erzählt, und in dieser Geschichte spielte der Entdecker des Grabes, Howard Carter, mehr als eine bloße Statistenrolle: In einem Film wurde er lebendig und mit ihm die Geschichte nacherlebbar, die mit diesem Grab eng verbunden ist. Wir wanderten durch die Welten, und durch die individuellen Stimmen aus dem Audiogerät konnte man die Stimmen dieser Welten auch individuell hören. Obwohl so viele Menschen um uns herum waren, blieb Platz fürs In-Sich-Gehen, Sinnieren, Nachfühlen, Nacherleben. Von der alten Welt der Ägypter über das Leben von Howard Carter führte die Zeitreise weiter zum Höhepunkt der Ausstellung: der Entdeckung des Grabes. Nun sprach Carter selbst zu uns, wir gingen mit ihm zusammen diesen Weg, so, wie er ihn vor neunzig Jahren gegangen war.  Wir erlebten die Spannung und Faszination, das erste Loch in der Mauer, der Kerzenschein, der auf goldene Betten und ein Sammelsurium unterschiedlichster Gegenstände fällt. Dann die Öffnung des eigentlichen Grabes, gezeigt auf einer Gaze-Leinwand - die Ahnung des Schatzes dahinter in blassem Licht schon sichtbar: Hoffnung, Erwartung, die sich erfüllt und übertroffen wird. Und dann der Gang ins Allerheiligste: die Kammer mit dem Kanopen-Schrein, in dem, bewacht vom hundegestaltigen Gott Anubis und vier Göttinnen, die Eingeweide des Pharaos beigesetzt sind.
Danach begann die "eigentliche" Ausstellung - die Besucher konnten nun die Einzelheiten der Grabkammer bestaunen, deren Zentrum die ineinander verschachtelten Grabschreine und die drei Särge für die Mumie Tutanchamuns bildeten.

Ein Grund, warum wir uns doch länger überlegt hatten, ob wir die Ausstellung besuchen, war die Frage, inwieweit es Repliken vermögen, einen authentischen Eindruck zu hinterlassen, diese Aura zu vermitteln, die Originalen eigen ist, die zugleich neben ihrer Äußerlichkeit einen Odem der Zeit zu verströmen scheinen, in der sie entstanden sind. Die Sorge war unbegründet, denn diese Ausstellung will mehr: Sie will nicht nur Fakten und Einzelheiten zeigen, sondern vor allem eine Geschichte erzählen, das Gespür der Unmittelbarkeit des Zusammenhangs herstellen. Die Ausstellung zeigt nicht die Realität, aber ein so liebevolles, detailliertes, spannend erzähltes Abbild davon, dass es ein sinnliches Vergnügen war, sich auf diese Geschichte einzulassen.

Dass das kein Zufall war, sondern das Resultat langer und akribischer Planung, hoher Handwerkskunst (alle Repliken wurden in ausgesuchten Handwerkerstätten in Ägypten hergestellt), gepaart mit einer Leidenschaft der vielen Beteiligten für das Projekt, dessen Gelingen keinesfalls garantiert war, ließ meinen Respekt für diese Leistung noch im Nachinein steigen. Carter, der zehn Jahre damit verbrachte, das Inventar dieser Schatzkammern akribisch zu dokumentieren und zu konservieren, hätte bestimmt seine Freude daran gehabt.

Handwerk, Beharrlichkeit, Leidenschaft, Geduld, Zeit: Es sind die gleichen Zutaten, die einst diese Geschichte ans Licht  brachten und die es jetzt ermöglichten, sie neu zu erzählen. 

Bis bald in der Stube
Nikola

Mittwoch, 11. April 2012

Wofür ich plädiere

Erst einmal vielen Dank für die Reaktionen auf meine Geschichte von Emil, dem Elektriker. Es wurde (u. a. auch im Kommentar von Joachim zum letzten Post) gefragt, ob ich etwa wolle, dass nur noch "Gelernte" schreiben dürften? Natürlich nicht!
Wofür ich plädiere ist, dass derjenige, der sich Autor, Schriftsteller, Journalist oder generell professioneller Schreiber nennt, das Handwerkliche nicht außer acht lassen sollte. Dafür muss ich kein staatliches Gütesiegel haben, sondern einfach mit Ernst bei der Sache sein. Und natürlich ist es ein Unterschied, ob ich journalistische Texte, Unterhaltungsromane oder Lyrik verfasse. Blogger, die zu ihrem privaten Vergnügen schreiben, meinte ich mit meiner Geschichte ausdrücklich nicht, "Emil" zielte überhaupt nicht auf Beiträge in Blogs oder Social Media, sondern bezog sich (vor allem) auf die zunehmende Anzahl derer, die Bücher publizieren und sich Schrifststeller nennen. Ich komme nun mal aus dieser Ecke und habe viele "Berührungspunkte" mit Neuautoren, von denen leider viele glauben, es genüge, eine Idee zu Papier zu bringen und das dann Roman zu nennen. Und die dann (so meine Erfahrung beim Stromern in Leser/Autorenforen) ernsthaft erwarten, dass Leser generös über Rechtschreibfehler, Satz- und Formatdurcheinander hinwegsehen, "weil der Inhalt zählt". Hm. Allein das wäre einen eigenen Beitrag wert.
Aber was das Internet-Schreiben angeht:
Ich bin selbst Bloggerin, ich habe nebenberuflich als Journalistin gearbeitet, schreibe nebenberuflich Romane. Das Netz ist nur ein neues Medium, mit dem es umzugehen heißt. Wir sind da nicht am Ende, sondern erst am Anfang.

Das Handwerkliche wäre also die eine Seite.

WAS aber mit dem Internet zu tun hat, und das wollte ich AUCH mit "Emil" thematisieren, ist die Frage, wie "Werke" zu wertschätzen sind. (Und hier geht es dann auch um anderes als nur Bücher). Wenn ich einen Blogeintrag schreibe, gehe ich davon aus, dass dieser geteilt, zitiert, kommentiert wird. So funktionieren die sozialen Netzwerke. Das praktiziere ich ja selbst. Auch Zeitungsartikel und Kommentare werden so via Facebook etc. verbreitet. Gewährleistet muss sein, dass IMMER die Quelle klar ersichtlich bleibt, auch im Sinne einer Wahrheit der Information. Aber auch im Sinne derer, die diese Information verfasst haben.

Und was das Recht auf Entscheidung  über die Fremdverwertung meine Texte angeht, drehe ich den Spieß einfach um: Das Internet ist ein Medium wie andere auch, mit neuen Möglichkeiten zwar, aber nirgends steht, dass alles, was über dieses Medium verbreitet wird, "Freiwild" ist. Selbst bei Blogtexten sollte man doch die Beiträge von anderen mit so viel Wertschätzung behandeln, dass man das Zitiergebot beachtet, Quellen angibt und, wenn nötig, um Erlaubnis fragt, um längere Paasagen oder ganze Texte (oder auch Bilder) zu übernehmen.

Noch viel mehr gilt das, wenn ich Texte/Bilder/Bücher gewerblich ins Netz stelle (z. B. über Verkaufsplattformen für eBooks oder Bilder in Bildstocks): damit ist ja wohl konkludent erklärt, dass ich gerade NICHT will, dass diese Inhalte jeder einfach weiterverbreiten soll/kann/darf.

Und als Letztes: Eine wirkliche Meinungsfreiheit existiert doch nur dann, wenn ich auch wahre, klare, nachvollziehbare Informationen für meine Meinungsbildung erhalten kann. Das wird aber verhindert, wenn jeder frank und blank ohne Quellennachweis zusammenkopiert und "umkomponiert", wie es ihm gerade in den Sinn kommt. Was mich im Übrigen auch davon abhält, mich allzusehr auf reine Netzinfos zu verlassen, wenn ich recherchiere. Oft ist die Quellenlage unklar, Links sind nicht mehr vorhanden, oder es ist nicht wirklich nachvollziehbar, woher die Informationen ursprünglich stammen und wer sie aus welcher Intention verfasst und online gestellt hat. Zwar ist auch bei Printmedien eine "Ausrichtung" feststellbar und man muss auch hier genau schauen, was warum von wem veröffentlicht wird, aber wenn ich "Focus", "FAZ" oder die "BILD" lese, habe ich die Möglichkeit einer Standortbestimmung. Die fehlt im Netz in weiten Teilen.

Mit "Emil" wollte ich diese Punkte einfach mal erzählend aufgreifen. Ketzerisch könnte man nun natürlich sagen: Liebe Autorin, wenn Du zu einer Geschichte SO viele Erklärungen geben musst und sie nicht für sich selbst sprechen kann, solltest Du doch noch mal am Handwerk feilen.

Ich gehe in mich. Versprochen.
Schöne Tage!
Nikola

PS: Für die, die nur diesen Beitrag lesen und nicht wissen, wer Emil ist:

Die Geschichte von Emil, dem Elektriker

Montag, 9. April 2012

Der Bahnhof und ich

Es gibt Dinge, für die ich meine Schreibstube ganz gern mal verlasse ;) Das Projekt Respekt.tv war ein solcher Termin. Hat wirklich Spaß gemacht ;)






Der Bildband »Respekt! 100 Frauen - 100 Geschichten«

Begleitend zur Initiative hat das »Respekt!« Team zahlreiche Interviews geführt. Herausgekommen ist der Bildband »Respekt! 100 Frauen - 100 Geschichten« in dem Sportler, Musiker, Schauspieler und viele andere prominente und engagierte Menschen auf sehr persönliche und berührende Weise von ihren Erlebnissen und Erfahrungen im Umgang mit Respekt berichten. Sie ergreifen Partei, setzen sich ein, zeigen Zivilcourage und machen deutlich was Respekt alles bedeuten kann.

Die Heidelberger Band Irie Révoltés hat eigens für die Initiative den Song »Viel zu tun!« herausgebracht, der sich auf Youtube großer Beliebtheit erfreut. Alle Interviews und der Musiksong sind als hochwertige Videoclips auf 2 DVDs dem Bildband beigelegt.

Mehr Informationen (und mich als Botschafterin) findet ihr auf  Respekt.tv

Das Buch kann auf der Respekt-Seite komplett durchgeblättert werden - es gibt es aber natürlich auch bei amazon ... Vielleicht noch der Hinweis: NEIN, an diesem Buch verdienen die Mitwirkenden NICHTS. Das ist ein Nonprofit-Projekt! Und das ist auch gut so :)






Sonntag, 8. April 2012

Die Freiheit zu entscheiden

Ich weiß nicht, ob es Leser interessiert, aber "uns" Schreiber interessiert das schon: Die seit Monaten schwelende Urheberrechtsdebatte, die ja, bei näherer Betrachtung, alles "beieinand schmeißt": die Rechteverwerter, die Nutzer, die Netzgemeinde, die Contentindustrie, die Künstler, die Nichtkünstler, und andere Gruppierungen mehr, aber meistens eben mit dem Zusatz "DIE". Alles rein in den großen Topf und dreimal umgerührt, dann aufs Feuer und ordentlich Öl drübergegossen, damit nach dem großen Brand bloß keine Reste bleiben, über die man vernünftig diskutieren könnte.

Fakt ist, dass durch die Möglichkeiten des WWW Dinge sich verändert haben, sich verändern und weiter verändern werden, auch Nutzungsverhalten, auch die "Verwertung von Content", was jetzt auch wieder nur eine Zusammenfassung vieler Dinge und Inhalte bezeichnet. Schreiber interessiert das, Schreiber regt das nicht nur auf, es macht sie betroffen, traurig, verzweifelt, ratlos, wütend, hier und da auch unsachlich. Weil es schwer fällt zu verstehen, was da eigentlich "abgeht": Es ist nicht der Auftakt zu einer überfälligen, konstruktiven, vielleicht auch kontroversen Diskussion, wie man sie in einem demokratischen Gemeinwesen erwarten würde, sondern der Ausbruch eines Krieges zu beobachten, und von einigen wird so wild geschossen, dass man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass sie insgeheim nur darauf gewartet haben, ihre Truppen endlich aufeinanderzuhetzen. Man brauchte womöglich nur die nötigen Fronten, man brauchte klar zu definierende, also "gute" Feinde.
Nun mag es Menschen geben, die die Dinge nicht überschauen, die nicht betroffen sind, aber trotzdem eine Meinung haben oder eine glauben haben und auch veröffentlichen zu müssen. Das Netz macht es möglich. Es gibt Entgleisungen und viel Halbwissen, viel Emotion, viel Unsinn, manchmal mittendrin durchaus diskutable Ansätze, die aber gern und pronto mit neuem Öl begossen werden. Bloß  keine Ansätze zum Weihnachtsfrieden. Das war schon anno 1914 kontraproduktiv: zu entdecken, dass das Volk hüben wie drüben gleichermaßen denkt und fühlt.
 
Fröhliches Hauen und Stechen also. Man erinnert sich an die Zeiten des Ostblocks, Kriege wurden inzwischen kalt geführt und Begriffe hüben wie drüben konträr gedacht und definiert. Über die Inhalte von Demokratie und Freiheit ergebnisorientiert zu reden, mit einem staatstreuen Politiker der DDR, die ja die Demokratie sogar im Namen trug? Unvorstellbar.  Nach 1989 hatte man die Illusion, solcherlei sei überwunden.  Aber wo sind wir, bitte, hingeraten? In eine Gesellschaft, in der nicht mehr nur Begriffsdefinitionen, sondern gleich der Begriff als solcher in Frage gestellt wird? Da fällt mit dem Diskutieren die Sprache gleich mit weg: Wie soll man eine Brücke bauen, wenn der Boden fehlt? Und doch werden die Fahnen fröhlich weitergeschwenkt, auf denen das Mantra der Moderne steht: "Geistiges Eigentum existiert nicht!" Welche Missachtung liegt in diesem Satz, welche Anmaßung.   
 
 
Schlimm ist es schon, wenn irgend jemand Öl ins Feuer gießt, aber wenn es dann noch Menschen tun, von denen man genau das nicht erwartet, weil man sie vielleicht für streitbar, aber sicher nicht für infam hält, Menschen, von denen man glaubte, dass sie die Wirkung von Brandbeschleunigern kennen; Menschen, denen man nicht einmal Fahrlässigkeit unterstellen kann oder Unwissenheit. Menschen, denen man die Fähigkeit zu differenzieren nicht nur zutraut, von denen man sie nachgerade verlangen muss, von denen man Unbequemes, Bissiges erwarten mag, aber bestimmt nicht das Gebrüll der Meute, die rausschreit, was sie schon so lange schreien will, weil es guttut, nach dem Schuldigen zu suchen, und weil es so einfach ist, ihn in einer Gruppe zu verorten, die mit "DIE" beginnt. Die anderen. Die Bösen. Die, die schuld sind. Das enttäuscht nicht nur, das erschüttert.

Wo gehen wir hin, wo wollen wir hin? Für uns Schriftsteller entscheiden das vor allem auch die Leser. Eines aber eint uns, die wir Geschichten schreiben: Wir möchten gern selbst entscheiden, wann und wie wir sie in die Welt hinaus lassen, und zu welchen Bedingungen. Und wir möchten, dass die Arbeit, sie zu schreiben, wertgeschätzt wird. Das ist, glaube ich, nicht zu viel verlangt.

Man mag offene Briefe (1) und Antworten auf offene Briefe (2) gut und differenziert finden, man kann sie falsch finden, unausgegoren oder anregend und diskutabel, ebenso wie Artikel (3), Kommentare, Glossen. Das alles bewegt, regt auf, regt an. Aber dann stößt man in all dem Wortgeklingel auf den einen Beitrag, der einen schlichtweg fassungslos macht. Geschrieben von einem Professor für Linguistik, veröffentlicht in einem Blog, das sich wissenschaftlich nennt (4). Eine ganze Flasche Öl, genüsslich ausgeschüttet über all der vorhandenen Glut. Da reicht der rote Button nicht mehr. Da braucht es eine Replik. Am besten eine Geschichte. Weil ich keine Opernsängerin bin, sondern Schriftstellerin.


Bis bald im Stübchen.
Nikola

Die erwähnten Blogs/Beiträge:

(1)
Offener Brief von 51 Tatort-Autoren
29. März 2012- 14:11
http://www.drehbuchautoren.de/nachrichten/2012/03/offener-brief-von-51-tatort-autoren-0


(2)
Antwort auf den offenen Brief der Tatort-Drehbuchschreiber
2012-03-29 17:30:00, zas (51 Hacker des Chaos Computer Clubs)
http://ccc.de/updates/2012/drehbuchautoren


(3)
Urheberrecht. 29.3.2012, Spiegel Online/
"Tatort"-Autoren beschimpfen "Netzgemeinde"
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,824649,00.html

(4)
Anatol Stefanowitsch – Offener Brief an die Contentindustrie
06. April 2012, 02:50
http://www.scilogs.de/wblogs/blog/sprachlog/sprachwandel/2012-04-06/offener-brief-an-die-contentindustrie